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18.11.2022

Das Virtual Dimension Center feiert seinen 20. Geburtstag

Vor 20 Jahren wurde das Virtual Dimension Center (VDC) gegründet. Bei einer Feier am 16. November 2022 zogen zahlreiche Redner eine Bilanz und wagten den Blick in die Zukunft.

Im Dezember 2022 jährt sich die Gründung des Virtual Dimension Centers (VDC) zum zwanzigsten Mal. Aus diesem Anlass lud das VDC zur Jubiläumsveranstaltung in seine Räumlichkeiten in der Fellbacher Auberlenstraße ein. Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut – gleichzeitig Schirmherrin der VDC-Ausstellungsmesse „XR WEEK“ – gratulierte per digitaler Videobotschaft: „Das VDC hat im Interesse unseres Landes sehr viel vorangebracht. In zahlreichen Projekten hat das VDC sowohl der Fachwelt als auch den Unternehmen im Land die vielfältigen Möglichkeiten virtueller Anwendungen für alle Branchen unserer Wirtschaft aufgezeigt. Das VDC ist heute ein anerkannter Gesprächspartner im Bereich XR für Unternehmen, das Land, den Bund und die EU.

Rückschau: XR-Standort Stuttgart

Bereits seit 1991 wird in der Region im Kontext Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) – oder zusammenfassend: eXtended Reality (XR) – gearbeitet: das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) und das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart-Vaihingen brachten damals den Trend aus den USA mit und erprobten erste Anwendungen in der Produktentwicklung, in der Fabrikplanung und in der Schulung. Wenige Jahre später folgte das Höchstleistungsrechenzentrum (HLRS) der Universität Stuttgart mit einer eigenen Entwicklung von VR-Software für Super-Computing-Anwendungen. Mitte der 1990er Jahre gründeten sich vor Ort erste SpinOff-Firmen, um VR-Lösungen aus der Forschung in die Marktreife zu bringen, die insbesondere bei Automobilherstellern, großen Maschinenbauunternehmen und großen Zulieferern mit ersten VR-Endanwendern in der Industrie zusammenarbeiteten. Dadurch war die Saat zur Entwicklung eines VR-Markts gesät, der auf Basis ehrgeiziger Anforderungen schnell zur Erforschung neuer, praktikabler VR-Lösungen führte. Somit verfügte die Region Stuttgart bereits Ende der 1990er Jahre über ein funktionierendes wirtschaftliches „VR-Ökosystem“ dessen sehr starke räumliche Konzentration von VR-Knowhow bundesweit einzigartig war: VR-Forschung, VR-Technologiefirmen und VR-Endanwender arbeiteten in regional konzentrierten Wertschöpfungsketten zusammen, die etwas später „Cluster“ genannt wurden (populäre Beispiele für Cluster sind etwa das Silicon Valley oder die Fahrzeugindustrie in Stuttgart).

Entstehung des Virtual Dimension Center

Vor diesem Hintergrund sahen einige Protagonisten der VR-Szene ab dem Jahr 2000 die Zeit gekommen, diese Ausnahmestellung durch Gründung einer gemeinsamen Initiative zusätzlich zu fördern. Einen sehr guten Rahmen fand man rasch in der zeitgleich ins Leben gerufenen Kompetenzzentren-Initiative der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS). Diese bis heute aktive Kompetenzzentren-Initiative hat zum Ziel, bestehende regionale Stärken durch aktives Cluster-Management zusätzlich zu unterstützen. So wurde zum Ende des Jahres 2002 ein Trägerverein für das Netzwerk gegründet, der zunächst den etwas sperrigen Namen „VIRCE“ trug. Anlässlich der Eröffnung der Geschäftsstelle des Netzwerks in der Fellbacher Auberlenstrasse wurde schon im darauffolgenden Jahr der Name Virtual Dimension Center (VDC) eingeführt. WRS-Geschäftsführer Dr. Walter Rogg führte bei der 20-Jahr-Feier aus: „Die Ziele der WRS und des VDC waren immer die gleichen, und seit 20 Jahren arbeiten wir gemeinsam daran, sie zu erreichen – die Unternehmen in dieser so innovativen, kreativen, resilienten Region bestmöglich bei der Gestaltung des Wandels zu unterstützen.

Gegenwart und Arbeitsschwerpunkt

Im besonderen Fokus der Arbeit des VDCs stehen kleine und mittelständische Unternehmen, die nicht die Ressourcen für größere Forschung- und Entwicklungsabteilungen aufweisen, um sich selbst mit VR auseinanderzusetzen. Die Stadt Fellbach förderte das VDC daher von Beginn an mit Personal bzw. Personalmitteln, die Region mit Projektmitteln. Diese Unterstützung wird seit wenigen Jahren und auch perspektivisch abgeschmolzen. Die 13 Gründungsmitglieder hingegen wuchsen kontinuierlich zu heute rund 100 Mitgliedern aus. Auch die Qualität der Arbeit des VDC wurde immer weiter verbessert und professionalisiert: das VDC lässt sich seit vielen Jahren regelmäßig durch das „European Secretariat for Cluster Analysis“ auditieren. Der dort stets erreichte Gold-Standard katapultierte das VDC in die Gruppe der 60 besten Clusterinitiativen Europas. Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull, seit sechs Jahren VDC-Vorstandsvorsitzende, verwies in ihrem Statement auf die Entwicklungen und Leistungen des VDCs: „Das VDC hat in dieser Zeit enormes geleistet: Mehr als 500 Veranstaltungen, über 500 öffentliche Vorträge, mehr als 200 Veröffentlichungen wie Ratgeber, Positionspapiere, Technologiefolgenabschätzungen, Weißbücher, mehr als 10.000 VR-Nachrichteneinträge – von all dem profitiert unsere Wirtschaft“.

Entwicklung, Einsatzgebiete und Herausforderung

2019 strich die Unternehmensberatung Gartner VR und AR aus der Liste der aufstrebenden Technologien, der „Emerging Technologies“: damit war die Einschätzung verbunden, dass XR mittlerweile im praktischen Alltag, im Mainstream, angekommen sei. In der Tat hat das VDC im Lauf der Jahre eine enorme Anzahl guter XR-Umsetzungen begleiten können: so findet man heute virtuelle Prototypen in der Produktentwicklung und in der Gebäudeplanung; Menschen können gefahrlos, überall und jederzeit in virtuellen Trainingsumgebungen geschult werden; 3D-Konfiguratoren helfen im Vertrieb, Kundenwunsch und Angebotsoptionen zusammenzubringen; Datenanalysen geschehen per „Visual Computing“; mobile AR-Assistenzsysteme helfen bei der Wartung, Reparatur, in der Qualitätssicherung oder in der Chirurgie; in verteilt-virtuellen 3D-Räumen kann heute global zusammengearbeitet werden, um etwa ein Design oder eine Konstruktion abzustimmen; VR findet Einsatz in der Psycho- und Schmerztherapie; auch die Archäologie, die Forensik oder Museen nutzen die Möglichkeiten virtuell-interaktiver Darstellungen. Diese Aufzählung macht bereits deutlich, dass eine große Zahl an Branchen und eine ungeheure Anzahl an Unternehmen und anderen Organisationen sinnvoll VR einsetzen könnten. Wenn dieses dann heute dennoch nicht in der gewünschten – und notwendigen – Breite geschieht, so liegen häufig die bekannten Digitalisierungsstolpersteine im Weg: Änderungsprozesse sind weder bequem noch einfach; der Einsatz einer neuen Methode und Technologie will sorgsam gewägt und geplant sein; möglichst viele Menschen sollten ihn begrüßen und mittragen.

Aufgabenverantwortung und Entwicklungsausblick des VDCs

An dieser Stelle liegt ein entscheidender Ansatzpunkt der VDC-Arbeit: der Anspruch ist, zu informieren, zu überzeugen, Interessierte mit Erfahrenen sowie Bedarfe und Angebote zusammenzubringen. Was das VDC hierfür in den vergangenen 20 Jahren geleistet hat, resümierte VDC-Geschäftsführer Prof. Christoph Runde: „Mit unserer Arbeit haben wir tausende Unternehmen und hunderttausende Menschen erreicht und ihnen weitergeholfen. Mit dem Democenter, dem XR-Messlabor, unserer Fachbibliothek und den Arbeitsgruppen haben wir dauerhafte Strukturen für die weitere Unterstützung geschaffen.“ Diese Mission ist auch in Zukunft (trotz „XR als Mainstream“), lange nicht zu Ende. Denn richtig ist auch: die nächste Weiterentwicklung des Themas XR steht längst als Elefant im Raum: im Mittelpunkt des häufig kontrovers geführten Diskurses steht die nächste Entwicklungsstufe des Internets im dreidimensionalen Raum. Etliche Experten postulieren, dass Wertschöpfung zunehmend auch in so genannten Metaversen stattfinden wird, kollektive virtuelle Räume, die durch die Konvergenz von virtuell erweiterter, physischer Realität und physisch persistentem virtuellen Raum entstehen. Metaversen sollen so das Tor zu den meisten digitalen Erlebnissen, ein Schüssel-Element von physischen Erlebnissen und die nächste große Arbeit-generierende Plattform sein werden. Diese Begrifflichkeiten lassen bereits erahnen, dass der Orientierungsbedarf im Thema groß ist – so wie der zu VR vor 20 Jahren. Oberbürgermeister a.D. und viele Jahre lang auch Vorsitzender des VDC-Vorstands Christoph Palm richtete sodann auch einen eindringlichen Appell an die Gäste: „Wir können unseren Aufgaben in und für die Welt nur gerecht werden, wenn wir Innovation fördern, betreiben und in unseren Köpfen implementiert haben“.

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